Oder-Neiße-Grenze
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Grenzerfahrungen - Menschen an der Oder-Neisse-Grenze -
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GRENZERFAHRUNGEN — Menschen an Oder und Neiße
Fotografisches Langzeitprojekt seit 2010
Wenn Oder und Neiße nicht gerade über die Ufer treten und es durch Überschwemmungen in die Tagesschau schaffen, ist die Grenzregion zu Polen für die meisten unbekanntes Land. Der Fotograf Bernd Cramer ist 3500 Kilometer entlang der beiden Flüsse gereist, ist in die Lebenswelt kleiner Orte eingetaucht und hat dem Lebensgefühl der Menschen nachgespürt. Er hat spannende deutsche Grenzerfahrungen und Entdeckungen gemacht: Die verschlafene Schönheit von Görlitz, die unerwarteten Neubaugebiete, die hohen Zäune in den Dörfern mit Schildern, auf denen steht: Vorsicht, bissiger Hund! Hinter den Zäunen hat er Menschen mit bewegten und unbewegten Leben gefunden. Entstanden ist eine Porträt-Reihe, die den Menschen tief in ihren Lebensalltag blickt, aber auch die vergessene Region am äußersten Rand von Deutschland porträtiert.
Die Reihe zeigt den letzten Binnenfischer der Oder, den Museumsleiter einer „Dorfstube“ von 1915. Einen Melker, dessen Radius von der Weide bis zum Stall reicht, 365 Tage im Jahr. Die Porträts zeigen außergewöhnliche Persönlichkeiten und ganz normale Menschen, alle stolz, die meisten zufrieden mit ihrem Leben, das an Oder und Neiße langsam fließt. Die Geschichten sind geprägt von typisch ostdeutschen Brüchen und Wendungen und dem, was Orte wie Oderberg, Roggow und Niederfinow hergeben.
„Grenzerfahrungen“ ist eine außergewöhnliche Reisegeschichte. Sie nähert sich dem vergessenen Deutschland über die Menschen, die dort leben, arbeiten und arbeitslos sind. Mit einem neugierigen, respektvollen Blick.
Text: Michael Kraske
GRENZERFAHRUNGEN — Menschen an Oder und Neiße
Fotografien von 2010-2023
ISBN: 978-3-00-074980-3
Bestellung des Fotobildbandes direkt beim Autor
per Vorkasse, 19,80 € + 6,20 € Versand
Auswahl gekürzter Interviewfassungen:
Heike Lacasé arbeitet 2010 als Angestellte im »Imbiss« von Grießen. »Früher war das ein Konsum«, erzählt sie. »Hier konnten Sie alles kaufen, was nötig war. Heute geht das nicht mehr. Wir kochen. Und auch, wenn es nur ein kleiner Laden ist, geben wir uns große Mühe. Wir schlachten sogar selbst. Wir wollen ja wissen, woher das Fleisch kommt, das wir verkaufen. Aber auch das Obst und Gemüse. Die Leute sagen, es schmeckt ihnen und das freut uns.« Da es im Ort keine andere Möglichkeit gibt, einzukaufen, ist der Imbiss mehr als ein Geschäft: Er ist ein Treffpunkt geworden für die Einwohnerschaft, ein Ort, an dem sie sich verabreden und austauschen. »Still ist es eigentlich nie«, erzählt Heike Lacasé. »Das mag ich an meiner Arbeit. Ich bin gern unter Menschen und es ist doch wichtig, dass es einen Ort wie diesen gibt. Sonst sitzen alle hinter ihren Gardinen und keiner redet mehr. Das ist nicht gut.« Sie hofft, den Imbiss noch lange halten zu können. »Wir werden hier nicht reich, aber ich beklage mich nicht. Es ist genug. Und was später wird, wer weiß? Vielleicht macht nach mir irgendwer weiter, vielleicht auch nicht, das ist nicht sicher.«
Werner Buder ist Jahrgang 1935 und seit 50 Jahren Wirt in Briesnig. »Erst gehörte die Kneipe meinem Vater, dann habe ich sie übernommen. Sie sehen es ja, groß ist es nicht, aber wir haben nach wie vor unsere Gäste. Sie kommen und mögen es hier. Für manche ist es wie ein zweites Zuhause.« Er sei, so sagt er, Wirt mit Leib und Seele. »Es ist mir wichtig, dass die Leute sich wohlfühlen. Ein Wirt, der sich darum nicht kümmert, kann gleich wieder zusperren. Ich kenne meine Gäste. Ich weiß, was sie mögen und ich merke mir, was sie mir erzählen. Ich höre ihnen zu und wenn dann einer hereinkommt, sehe ich gleich: Oh, dem geht es heute gut. Oder eben auch nicht. Und darauf muss man eingehen. Es ist aber auch schön, dass die Leute sich hier begegnen. Die haben hier Spaß miteinander.« Trotzdem glaubt Werner Buder nicht, dass jemand das Lokal übernehmen wird, wenn er aufhört. »Es ist das einzige hier weit und breit, aber Sie verdienen kaum etwas dabei. Vielleicht, wenn man alles ein bisschen umgestaltet, aber das sollen dann junge Leute entscheiden.«
Thomas Berg ist evangelischer Pfarrer in Lunow. Von 1981 bis 1987 studierte er in Greifswald und Halle Theologie. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. »1990 habe ich in Lunow meine Arbeit aufgenommen. Heute bin ich für die Gemeinden in Lüdersdorf, Parstein, Bölkendorf, Lunow und Stolzenhagen zuständig.« Insgesamt wohnen in diesen fünf Orten etwa 2.000 Menschen. »Die Situation ist schwierig. Die Gesellschaft driftet auseinander. Es ist nicht nur ein Problem, dass die Menschen hier abwandern und jene, die zurückbleiben, immer älter werden. Es fehlt auch der Zusammenhalt. Die Leute treffen kaum noch aufeinander, um zu reden. In den fünf Dörfern gibt es nur eine einzige Einkaufsmöglichkeit, in der sie sich begegnen können. Das reicht nicht und führt zur Vereinzelung. Glauben Sie mir, hinter diesen Fenstern sitzen sehr viele sehr einsame Menschen.«
Olaf Fester ist Jahrgang 1959 und lebt mit seiner Frau Birgit in Roggow in der Nähe von Pasewalk. Er ist Melker. Seit zehn Jahren arbeitet er auf einem nahegelegenen Bauernhof und kümmert sich um die dortigen Rinder. Sein Arbeitstag beginnt 5.00 Uhr früh. »Zuerst reinige ich den Stall und bereite alles vor, damit die 30 Kühe gemolken werden können. Dafür muss ich sie erstmal von der Weide holen. Das mache ich zu Fuß. Bis die Tiere an ihrem Platz im Stall stehen, kann es schon mal eine Stunde dauern. Die Melkanlage, mit der wir arbeiten, ist noch aus den sechziger Jahren. Täglich nehmen wir etwa 600 Liter Milch. Nach dem Melken führe ich die Tiere wieder zurück auf die Weide und mache zuletzt die Straßen, die Wege und den Stall sauber. Gegen 10.00 Uhr fahre ich dann nach Hause zu meiner Frau, esse Mittag und schlafe bis etwa 16.00 Uhr. Dann muss ich wieder los. Von 17.00 bis 22.00 Uhr melken wir die Kühe zum zweiten Mal. So geht es jeden Tag.« Olaf Fester hat sich bisher nie krankgemeldet, sagt er. Er hat keinen Urlaub, keine freien Tage und keine Wochenenden. Er arbeitet für den Bauern jeden Tag des Jahres.
Schwester Anna wurde 1979 geboren und stammt aus Berlin. Sie wuchs während der letzten Jahre der DDR in einer Familie auf, in der, wie sie sagt, Religion keine Rolle spielte. »Ich habe erst spät und auch unverhofft zu Gott gefunden.« Nach der Schule machte sie zunächst eine Lehre zur Bürokauffrau. Doch das Leben in der Großstadt Berlin erfüllte sie nicht. »Ich erhielt das Angebot, im Kloster ein Praktikum zu machen. Das fiel in eine Zeit, in der ich ohnehin sehr auf der Suche war und unsicher, was ich mir für mein weiteres Leben erhoffte.« Dem Besuch im Kloster in Marienthal, einem Ortsteil von Ostritz, folgte das Bekenntnis. »Inzwischen bin ich seit sieben Jahren hier. Meine Familie war anfangs natürlich skeptisch, aber sie haben schnell gemerkt, dass ich hier glücklich bin, und so fiel es ihnen nicht schwer, meine Entscheidung zu akzeptieren.« Im Kloster gehen die Nonnen hauptsächlich dem Gebet nach. »Das ist uns das Wichtigste. Darüber hinaus hat jede Schwester eine Aufgabe. Ich arbeite als Gästeschwester und Bibliothekarin.« Das Kloster St. Marienthal ist das älteste Frauenkloster des Zisterzienserordens in Deutschland. Es wurde 1234 gegründet. Derzeit leben zehn Schwestern im Kloster.
Marcel Martini ist Polizist. 1976 in Celle in Niedersachsen geboren, trat er 2003 in den Dienst ein. »Anfangs war ich mir nicht sicher, in welchem Bereich ich arbeiten möchte, aber dann habe ich mich für die Bundespolizei entschieden.« Martini arbeitet für die Polizeiinspektion Forst. »Und zwar als Diensthundeführer«, sagt er und streichelt die Hündin Lea, die neben ihm auf dem Boden sitzt. »Sie ist jetzt acht Jahre alt. Der Dienstherr stellt den Hund zur Verfügung, und der Hundeführer bildet ihn selbst aus, unter Anleitung versteht sich. So entsteht eine sehr enge Bindung an den Hundeführer und zugleich wird sichergestellt, dass der Hund die ihm zukommenden Aufgaben auch tatsächlich erfüllen kann. Lea ist ein Spürhund. Ich bin froh, mit ihr arbeiten zu können. Ich habe mich meine ganze Kindheit und Jugend mit Hunden beschäftigt. Es ist mir sozusagen geglückt, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen.« Für die Zukunft erhofft er sich, in Forst bleiben zu können. »Meine Freundin und ich, wir haben jetzt einen kleinen Sohn. Wir leben auf einem Hof. Ich hoffe, das alles bleibt uns erhalten.«
Enrico Weber wurde 1973 geboren und ist Kohlehändler in Wriezen. »Das ist schon seltsam«, sagt er. »Den Kohlehändler kannte früher jeder. Aber schon bald wird ihn niemand mehr kennen.« Als er ein kleiner Junge war, erzählt er, hat er fasziniert den Männern dabei zugesehen, wie sie die Briketts erst mit großen Gabeln in die Waage geschaufelt, dann mit einer einzigen Bewegung in den Sack geschüttet und schließlich geschultert haben, als wäre es ein Leichtes. »Aber das ist jedes Mal ein Zentner Kohle, den wir vom Auto in die Keller tragen.« Für ihn stand fest, dass er das Geschäft des Vaters übernehmen würde. »Seit 1946 ist das unser Betrieb. Wir haben in manchen Jahren über 26.000 Tonnen Kohle verkauft. Nach der Wende waren es noch 1.000. Und es werden immer weniger. Wer heizt schon noch mit Kohle?« Und trotzdem will Enrico Weber weitermachen. »Man muss sich eben breiter aufstellen. Ich würde gern noch stärker ins Speditionsgeschäft einsteigen. Einen richtigen Vierzigtonner kaufen und auf große Fahrt gehen, das würde mir gefallen.«
Izabela Wojtun, 46 Jahre alt, lebt ihren Traum als Kinderpädagogin im Kindergarten von Rothenburg. Ursprünglich aus einem kleinen polnischen Ort nahe der deutschen Grenze stammend, kam sie 2018 mit ihrer Familie nach Deutschland. Seit 2016 prägt sie den Kindergarten, in dem sie arbeitet, und bringt dabei nicht nur Fachwissen, sondern auch kulturelle Vielfalt ein. Izabela Wojtun ist stellvertretende Leiterin der Einrichtung und unterrichtet zusätzlich Polnisch an der örtlichen Grundschule – eine Aufgabe, die ihr besonders am Herzen liegt. Mit ihrem Engagement für das deutsch-polnische Projekt „LANA“ baut Izabela Wojtun Brücken zwischen den Kulturen. Jedes Jahr organisiert sie ein Treffen, bei dem polnische und deutsche Kinder gemeinsam lernen, spielen und Abenteuer erleben. „Die Kinder merken gar nicht, dass sie etwas über andere Kulturen lernen – sie schließen einfach Freundschaften“, sagt Izabela Wojtun stolz. Ihr Weg nach Deutschland führte über ein Studium in Breslau und ein Praktikum, bei dem ihre Hingabe für Pädagogik auffiel. Heute ist sie nicht nur eine unverzichtbare Säule ihrer Einrichtung, sondern auch eine beliebte Persönlichkeit in der Gemeinde. „Hier ist mein Zuhause“, sagt Izabela Wojtun, die sich inzwischen vollständig in Deutschland verwurzelt fühlt – beruflich und privat.